Auf ewig dein by Kelly Parsons

Autor:Kelly Parsons [Parsons, Kelly]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 978-3-7325-9062-9
Herausgeber: beTHRILLED
veröffentlicht: 2019-11-23T00:00:00+00:00

10

Montag, 10. August

Am Morgen beschließe ich, das Treffen mit Luis und Gigi in der Cafeteria ausfallen zu lassen. Das verkrafte ich heute nicht. Es wäre der Gipfel der Absurdität, nach den Ereignissen der letzten zweiundsiebzig Stunden noch länger so zu tun, als ob nichts sei – zumal in Gegenwart der einzigen beiden Menschen, die genau wissen, dass das Gegenteil der Fall ist.

Außerdem fühle ich mich nach zwölf Stunden ungestörten Nachtschlafs zwar relativ ausgeruht und so klar wie schon lange nicht mehr, habe aber – meiner gestrigen Bierdröhnung sei Dank – das Gefühl, ein dicker Metallbolzen hätte sich mitten durch meinen Schädel gebohrt.

Ich rufe Luis an und sage ihm, dass ich mich heute nicht mit ihnen treffe und er heute Vormittag freie Hand mit den Patienten hat. Er brummelt irgendetwas Unverständliches, das ich als Einverständnis deute, und legt auf.

Luis. Als ich später allein in der OP-Umkleide vor mich hin grüble, geht mir dieses kurze Gespräch noch eine Weile nach. Kopfschüttelnd werfe ich ein paar Schmerztabletten ein, verstaue meine Straßenkleidung im Schließfach und ziehe mir die grünen OP-Klamotten an.

Wie konnte ich nur so blöd sein? Wie konnte ich ihm aus einer bierseligen Laune heraus einfach alles erzählen? Was habe ich damit erreichen wollen? Und vor allem – was habe ich damit erreicht? Er muss mich für komplett bescheuert halten.

Nur verständlich. Jeder vernünftige Mensch würde zu diesem Schluss kommen. Wäre ich an seiner Stelle, und er hätte mir anvertraut, unsere Vorzeigestudentin sei in Wahrheit eine eiskalte Psychopathin, die skrupellos Patienten meuchelt, um ihre Karriere voranzubringen, ich würde ihn – medizinisch gesprochen – für verwirrt halten. Oder denken, dass er sich einen ziemlichen kranken Witz erlaubt.

Ich knalle meinen Spind zu.

Und komme mir vor wie der letzte Depp. Bleibt nur die Frage, was Luis mit seinem Wissen anfängt. Wird er herumerzählen, dass ich nicht mehr alle Tassen im Schrank habe? Oder besser noch gleich Dr. Collier mitteilen, dass ich an paranoiden Zwangsvorstellungen leide? Ich würde es ihm nicht mal krummnehmen. Zu Dr. Collier zu gehen wäre ein kluger Schachzug. Sich in Sorge um meine geistige Gesundheit vertrauensvoll an den Chef zu wenden könnte ihm mildernde Umstände in der Kalium-Affäre verschaffen, während es mir den letzten Rest an Glaubwürdigkeit nehmen und meiner Karriere den Todesstoß geben würde.

Oder was, wenn er es Gigi erzählt?

Würde er es Gigi erzählen?

Ein Gedanke, der mir ernsthaft zu denken gibt.

Ich habe mich nie wirklich gefragt, wie die beiden wohl zueinander stehen. Gigi und Luis arbeiten viel zusammen, haben bestimmt unzählige Pausen, Nachtdienste und Überstunden zusammen verbracht – so wie ich mit Gigi. Hat sie Luis am Ende genauso manipuliert wie mich?

Und was hatte Gigi am Samstag zu mir gesagt?

Wenn du Verstärkung anforderst, gibt es einen Strafstoß.

Was zum Teufel kann sie damit gemeint haben? Ich unterdrücke ein leises Schaudern und versuche, nicht darüber nachzudenken. Zumindest vorerst nicht. Was passiert ist, ist passiert. Ich werde einfach abwarten, wie die Dinge sich entwickeln, und dann situativ entscheiden, was zu tun ist.

Wie von Jason vorhergesagt, gibt das Kontrollgremium im Laufe des Vormittags seinen abschließenden Bericht zu Mr Bernards Tod heraus.

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